Der Weltimperialist – der wahre Todfeind

Die herrschenden Politiker in Deutschland rüsten militärisch gewaltig auf und wollen das gesamte Land „kriegstüchtig“ gegen den angeblichen Aggressor Russland machen, dessen „stetige Drohgebärden gegen NATO, EU und Deutschlands Bündnispartner“ auch imperialistische Angriffspläne gegen Ost- und Mitteleuropa befürchten lasse. Die Begründung beruht auf Lügen und Entstellungen, wie hier mehrfach nachgewiesen wurde.1 Sie dienen den Zielen des eigentlichen Weltimperialisten, von dem sich die Deutschen in blinder Vasallentreue wieder instrumentalisieren lassen. Da kann das neue Buch von Werner Rügemer „Verhängnisvolle Freundschaft“ aufklärend wirken, von dem nachfolgend die Rede sein soll.2

freitag.de

Nur umfassende historische Untersuchungen über die Rolle der USA in der neueren Weltgeschichte, ihre Ziele und Methoden, sie zu erreichen, können Grundlage für sinnvolles Handeln sein. Dazu darf man eben vor der Fassade aus wortreicher Propaganda nicht stehen bleiben. Es gibt „Partner“ und „Freunde“, die Todfeinde völlig ersetzen.

Dr. Werner Rügemer, Publizist und interventionistischer Philosoph, veröffentlicht seit den 1980er Jahren zum politisch-moralischen Verfall der US-Gesellschaft und gilt als fundierter Kenner der Innen- und Außenpolitik der USA. Auf dem Rücken seines im Sommer 2023 erschienenen Buches, das er Julian Assange gewidmet hat, gibt er einen zusammenfassenden Überblick über die Praktiken der USA:

„Mit Freedom, Democracy und Wohlstand präsentierte sich der aufsteigende US-Kapitalismus der Welt. Doch die Praktiken von »America First« mit Völkermord, Arbeitsausbeutung, kriegerischem Raub fremden Eigentums wurden nur modernisiert. Der Erste Weltkrieg wurde das erste große Globalgeschäft, Bündnispartner wurden abhängig. Nach dem Krieg investierten US-Konzerne in Westeuropa. Mussolini wurde mit Krediten überhäuft. US-Konzerne belieferten Franco und rüsteten die deutsche Wehrmacht für einen Krieg gegen »Russland« aus. Die US-geführte neue Zentralbank in der Schweiz wusch NS-Raubgold. Die Verfolgung der Juden wurde verdrängt. Mit dem Abwurf von zwei Atombomben auf die Zivil­bevölkerung begannen neue Kriege gegen neue Feinde – unter systematischem Bruch des Völkerrechts.“

Es sollen hier zunächst die grundsätzlichen Gesichtspunkte ins Auge gefasst werden, die Werner Rügemer im ersten Kapitel:

„Freundschaft, Verhängnis, möglicher Tod“

behandelt. Er zitiert einleitend als Motto einen sprechenden Satz Henry Kissingers, des ehemaligen Chefs des State Departments und langjährigen Beraters mehrerer US-Präsidenten:

„It may be dangerous to be America’s enemy, but to be America’s friend is fatal.“

„Es kann gefährlich sein, Amerikas Feind zu sein; aber Amerikas Freund zu sein, ist verhängnisvoll.“

Werner Rügemer merkt zu der Übersetzung an, dass „fatal im Englischen auch die Bedeutung „tödlich“ habe. (Hervorhebungen hl)

So habe er in den 1970er Jahren mit Präsident Richard Nixon die Volksrepublik China umworben, sie diplomatisch anerkannt und wirtschaftlich gefördert. Solange China wirtschaftlich schwach und die Supergewinne von Apple, Microsoft, Ford & Co. hoch gewesen seien, sei China der Freund geblieben. Als es jedoch industriell und technologisch erstarkt sei, die Löhne angehoben und breiten Wohlstand für die bisher Armen geschaffen habe und mit einer militärisch nicht begleiteten, alternativen Globalisierung Erfolge gehabt habe – da sei es unter dem freundlich grinsenden Präsidenten Barack Obama zum System- und Todfeind geworden, werde politisch und medial verhetzt, wirtschaftlich sanktioniert und militärisch umzingelt.

Und W. Rügemer nennt einige weitere Beispiele, wie Freunde zu Todfeinden wurden:

–   „Sowjetunion: Wall-Street-Banker geiferten mit Beginn der revolutionären Umbrüche 1917 in Russland auf noch mehr gewinnbringende Investitionen und umgarnten die neuen Regierungen. Nach der fehlgeschlagenen militärischen Intervention einer Allianz, an der sich auch die USA beteiligten, investierten Ford, General Electric, Radio Corporation of America, Harriman & Co. – die Sowjetunion erstarkte industriell, auch sonst, der Wohlstand der bisher Armen wuchs. 1933 anerkannte US-Präsident Franklin D. Roosevelt die Sowjetunion. Aber für Ford & Co. wurde die Sowjetunion zum Todfeind. Im strategischen Schwenk rüsteten sie die Hitler-Wehrmacht auf. Nun sollte die Sowjetunion vernichtet werden.

–    Kuba: In Kuba unterstützten die USA Ende des 19. Jahrhunderts zunächst die demokratische Aufstandsbewegung unter José Martí gegen die Kolonialmacht Spanien. Nach dem Sieg wurde die nationale Aufstandsbewegung abserviert, die USA setzten Diktatoren ein – eine vielfach geübte Praxis in den US-»Hinterhöfen« Lateinamerikas und Asiens.

–   Vietnam: Bei den Friedensverhandlungen in Versailles wies der US-Friedensprediger Woodrow Wilson die Befreiungsbewegung Vietnams unter Ho Chi Minh ab. Dann im 2. Weltkrieg im Kampf gegen die japanischen Besatzer unterstützten die USA Ho Chi Minh kurzzeitig, um ihn sofort nach dem Krieg zum Todfeind zu erklären, die französische Kolonialmacht gegen Ho Chi Minh aufzurüsten und dann selbst den noch viel grausameren Vernichtungskrieg zu übernehmen.3

Im Begriff State Department für Außenministerium komme der Anspruch auf jeden Winkel der Erde zum Ausdruck. Die wechselnden Freund-Feindschaften beruhten seit der Verfassung des US-Staates 1787 auf dem Selbstverständnis, das bis heute gelte: Die USA hätten als einziger wichtiger Staat kein Außenministerium, sondern ein „State Department“, ein Staats-Ministerium. So seien die nächsten wie die fernsten Territorien der Erde im „nationalen Interesse“ mögliche Staats-, Einfluss- und Herrschaftsgebiete der USA.

Ergänzt werde der Allein- und Allmachtsanspruch biblisch durch »God’s own Country« und »God bless America«, durch die »auserwählte Nation«, auch durch »America First«, »American Century« und »New American Century« und den »amerikanischen Exzeptionalismus« oder auch »Wir sind die einzige Weltmacht«. All das gehöre zu den Genen des US-Staates.

„So ist der kleine Streifen des zur Demokratie erklärten Sklavenstaats an der Ostküste Nordamerikas schrittweise zuerst durch Eroberungen und Annexionen in Nordamerika (außer dem britischen Kanada, das nicht erobert werden konnte) erweitert, Völkermord an den Indigenen inbegriffen. Später waren die lateinamerikanischen, karibischen und asiatischen »Hinterhöfe« dran, seit dem 1. Weltkrieg bis heute dann Europa und die ganze Erde – durch den Zangengriff von Investitionen, Krediten, Militär, Geheimdiensten und Fake-PR.“

Mithilfe von Putschen und Bürgerkriegen seien Diktatoren eingesetzt oder gefördert worden. Im Europa der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts habe dies so ausgesehen:

–   Der erste faschistische Diktator, Mussolini, der die erstarkte demokratische und Arbeiterbewegung vernichtet habe, sei mit Krediten überhäuft und in den USA zum Politstar gemacht worden. Wall-Street-Anwalt John McCloy habe vor Ort in Rom den päpstlich gesegneten Diktator beraten.

–   Generalissimus Franco, der gegen die spanische Republik geputscht habe, sei von US-Rüstungs- und Ölkonzernen beliefert, von Mussolini und Hitler militärisch unterstützt worden – bis zum gemeinsamen Sieg.

–   Hitler sei zum Medienstar gemacht worden, auch mithilfe Hollywoods. Das Olympische Komitee der USA, zusammen mit denen Englands, Frankreichs, Japans, Finnlands und Südafrikas, hätten gegen die internationale, auch jüdische Boykottbewegung die Olympischen Spiele 1936 für Hitler in Berlin gerettet, die das internationale Ansehen des Nazi-Regimes hoben. McCloy habe die Interessen von US-Konzernen auch in Nazi-Deutschland vertreten und mit Ehefrau neben Göring und Hitler auf der Ehrentribüne im Berliner Olympiastadion sitzen dürfen. Schließlich habe man die deutsche Wehrmacht gegen die Sowjet­union aufgerüstet.4
Ab 1949 sei McCloy Hoher Kommissar der USA für die Bundesrepublik Deutschland geworden. Er habe den ersten Bundeskanzler beraten bzw. überwacht, den „christlichen Politikdarsteller Konrad Adenauer“, der ein früher Fan von Mussolini gewesen sei. McCloy/Adenauer  hätten gemeinsam deutsche wie US-amerikanische Komplizen der Hitler-Diktatur vor Aufdeckung und Anprangerung geschützt.

Außerhalb jeder internationalen Ordnung

Zum Anspruch der »einzigen Weltmacht« gehöre: Die USA schlügen immer wieder internationale Ordnungen vor, unterliefen aber die jeweils gegründeten Institutionen und bauten daneben ihre eigene internationale Anti-Ordnung auf, gegen Völkerrecht und Menschenrechte.

So hätten die USA nach dem 1. Weltkrieg den Völkerbund angeregt, seien dann aber nicht beigetreten, sondern hätten nach den Versailler Verträgen Einzelverträge mit allen Kriegsteilnehmern abgeschlossen und  faschistische Diktaturen in China, Italien, Griechenland, Deutschland, Japan und Spanien geschlossen. Die USA führen nun jederzeit bei Bedarf Kriege nach eigener Wahl. Wenn die UNO/der Sicherheitsrat einen Krieg beschließt – gut; wenn nicht, dann führen die USA den Krieg alleine oder mit einer selbst gebastelten Allianz der jeweils „willigen“ Vasallen.

„Der Antikommunist Churchill hatte gegen Ende des 2. Weltkriegs von seinen Militärchefs den Plan »Operation Unthinkable« ausarbeiten lassen. Danach sollten sofort nach dem Waffenstillstand mit NS-Deutschland US-amerikanische und britische Truppen, verstärkt durch Teile der Wehrmacht, die Sowjetunion erobern. Angesichts der Stärke der Roten Armee und der öffentlichen Stimmung in Großbritannien wurde darauf verzichtet. Aber die Absicht blieb. Sie wurde und wird mit anderen Mitteln verfolgt, unter Führung der weitsichtigeren, mächtigeren USA.

Im 1. und 2. Weltkrieg förderten US-amerikanische Banken und Konzerne die Kriege der »Verbündeten«. Dann konnten zum Ende des Krieges die US-Militärs in den erschöpften Kriegsgebieten vergleichsweise leichte Siege holen. Und unter der Flagge freundschaftlicher »Hilfe« konnte die Siegermacht sich dem lukrativen »Wiederaufbau« widmen: Förderung von US-Investitionen, Durchdringung mit US-Waren und US-Militärstützpunkten.

Wie in Hiroshima und Nagasaki begonnen, wurde dem so scheinbar freundlich geförderten (West-) Europa zudem eine tödliche Aufgabe aufgezwungen: Mit der Doktrin des atomaren Erstschlags machten die USA Europa zum Standort eines möglichen atomaren Krieges gegen die Sowjetunion: Das gilt bis heute.“

Wilson, Obama: Friedensversprechen und ewiger Krieg

US-Präsident Woodrow Wilson von der Demokratischen Partei habe seinen Wahlkampf 1913 mit dem hochheiligen Versprechen gewonnen: Die USA würden sich nie am Krieg beteiligen, der sich in Europa anbahnt. Mit Kriegsbeginn jedoch
„finanzierten und belieferten Wall Street und US-Konzerne die Kriegsparteien in Europa und förderten lukrativ den Krieg. Führend war dabei die Bank Morgan. 1917 brach Wilson mithilfe professioneller PR sein Versprechen und verkündete mit Berufung auf Gott das Gegenteil, nämlich den militärischen Eintritt der USA in den europäischen Krieg: »War to end all wars« – Wir führen jetzt Krieg, um alle Kriege zu beenden. So die Parole. Seitdem führten und führen die USA zahlreiche völkerrechtswidrige Kriege.“

US-Präsident Barack Obama, ebenfalls von der Demokratischen Partei, habe seinen Wahlkampf 2008 mit dem genauso hochheiligen Versprechen gewonnen: Die USA würden abrüsten und die Atombomben abschaffen! Sie würden die Umwelt retten! Zu den Großbespendern für Obamas Wahlkampf habe die Bank Morgan gehört.
„In seiner Amtszeit diktierte Obama den europäischen NATO-Mitgliedern Aufrüstung, rüstete seinerseits die USA mit Berufung auf Gott noch weiter auf, erneuerte die Erstschlags-Doktrin, weichte Umwelt- und Arbeitsgesetze zugunsten der umweltschädlichen und für Anwohner oft tödlichen Fracking-Industrie auf und ließ mit BlackRock-Managern in seiner Regierung China zum neuen Hauptfeind erklären, durch US-Konzerne die Ukraine aufrüsten und den Krieg gegen Russland vorbereiten.“

So scharfsichtig wie kurzsichtig: Professionelle Selbsterblindung

1935 habe die Künstlerin Mabel Dwight in einer Lithografie die Wall-Street-Banker, die mit dem 1. Weltkrieg und seinen vielen Millionen Toten riesige Gewinne gemacht hatten, als die Merchants of Death dargestellt, Händler des Todes: Sie »hassen das Ideal der Demokratie, aber sie freuen sich über die lockeren Zügel und den Freiraum, den sie ihnen lässt.« Wegen der Gewinne, so Dwight, seien diese Händler des Todes »ausgesprochen scharfsichtig, dabei aber unheilbar kurzsichtig.«

US-Kapitalisten hätten mit professioneller PR wie mit dem Committee on Public Information (CPI) im 1. Weltkrieg, mit den von ihnen finanzierten Elite-Universitäten und Massenmedien hochbezahlte, formal hochqualifizierte Profis und Wissenschaftler: Die würden jeden noch so grausamen Krieg als Ausbund an Demokratie, Menschlichkeit und Friedenswillen inszenieren.
So bestätigten und bekräftigten die Kriegsgewinner – und natürlich auch die Umweltschädiger usw. – und ihre Mittäter sich ständig gegenseitig in ihrer Wohltäterei.

„Sie sind so scharfsichtig für jede lukrative Möglichkeit mithilfe von Kriegen, Umwelt- und Gesundheitsschäden – und gleichzeitig so kurzsichtig für die menschlichen und gesellschaftlichen Folgen: professionelle Selbsterblindung.“

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1   https://fassadenkratzer.de/2022/03/11/die-bedeutung-der-ukraine-auf-dem-geostrategischen-schachbrett-des-us-imperialismus/

2   Werner Rügemer: „Verhängnisvolle Freundschaft“, Köln 2023, 291 Seiten, mit 137 Literaturhinweisen und 643 Anmerkungen

3   „Wie im Krieg gegen die Befreiungsbewegung in Vietnam war Kissinger Mittäter an zahlreichen weiteren Kriegsverbrechen, direkt und mithilfe verdeckter Operationen über Dritte u. a. in Kambodscha, Laos, Chile und weiteren lateinamerikanischen Staaten, mit Millionen an zivilen Toten und mit Genoziden (Ost-Pakistan, Indonesien).“

4   Vgl.: https://fassadenkratzer.de/2015/04/30/von-der-wegbereitung-des-nationalsozialismus-durch-britisch-amerikanische-finanzkreise/