Macht macht untertan – Die Unvereinbarkeit von staatlicher Macht und Demokratie

Die Macht über Menschen ist allen bisherigen Herrschaftsformen des Staates immanent. Die umfassendste Ausprägung uneingeschränkter Herrschaft Einzelner über alle anderen finden wir geschichtlich in den vorderasiatischen Theokratien und im späteren Gottesgnadentum der Monarchien (s. Der Staat als Instrument). In ihnen erlebte sich der einzelne Mensch noch als ein unselbständiges Glied der Gemeinschaft des Stammes oder Volkes, die vom Herrscher repräsentiert wurde. Das von diesem gelenkte soziale Ganze war Selbstzweck und Rechtfertigung in sich. Es umhüllte und versorgte kulturell, wirtschaftlich und durch die Sicherheit der staatlichen Ordnung den Einzelnen, der dem gleichsam übermenschlichen Herrscher dafür Dankbarkeit und selbstverständlichen Gehorsam entgegenbrachte. Dieser hierarchische Staat „setzte ein kindhaftes unmündiges Volk von Untertanen voraus. Die Überlegenheit staatlicher Autorität über den Einzelnen entsprach durchaus dem väterlichen Willen auf Gehorsam von Seiten des Kindes.“ (1)

Die Emanzipation der Persönlichkeit

Aus dieser Unmündigkeit hat sich die Menschheit allmählich herausentwickelt. Mit der in Griechenland entstehenden Fähigkeit des begrifflichen Denkens erwachte in den Menschen ein wachsendes Selbstbewusstsein, das sich darauf stützte, die Wahrheit im eigenen Denken selbst erkennen und danach handeln zu können, ohne auf die Autorität von Herrschern und Priestern angewiesen zu sein (s. Die Aufgabe Europas). Darin wurden alle Menschen gleich: aus eigener Erkenntnis ihr Handeln selbst bestimmen und darin ihre Persönlichkeit frei entfalten zu können. Das macht letztlich die Würde des Menschen aus. (2) Jeder Anspruch eines der Gleichen, den anderen ihr Denken und Handeln inhaltlich vorzuschreiben, ist die hohle Anmaßung, ihnen nicht gleich zu sein, sondern höher zu stehen. Es ist der Rückgriff in überwundene Zeiten, das egoistische Festkrampfen an hierarchischen Machtstrukturen, das sich feindlich der Entwicklung des Menschen entgegenstellt. Es ist die fundamentale Verletzung der Gleichheit und Freiheit, der Würde des anderen Menschen.

Es war ein langer Weg, die Usurpatoren der Macht vom angemaßten Thron zu stoßen, der in der Französischen Revolution eine Kulmination erreichte. Aber Freiheit wurde nur als Freiheit vom Joch der Königs- und Adelsherrschaft verstanden, und an deren Stelle trat die „Herrschaft des Volkes“ bzw. die Herrschaft einer gewählten Mehrheit von Volksvertretern. Damit ist die Befreiung des Menschen auf halbem Wege stecken geblieben, bis heute. Denn es geht doch darum, „die Alleinherrschaft eines Einzelnen in eine Herrschaft aller Einzelnen umzuwandeln, d. h., das Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Bürgers sollte den absoluten Herrschaftsanspruch überhaupt ablösen.“ Es kommt nicht darauf an, „den Machtstaat in den Händen eines Einzelnen und einer gesellschaftlichen Oberschicht durch den Machtstaat in den Händen einer ´demokratischen´ Mehrheit abzulösen, sondern die Macht von Menschen über Menschen überhaupt zu beseitigen.“ (3)

Unterdrückung der Persönlichkeit

Die in alter Zeit dem Einzelnen übergeordnete Gemeinschaft, die ihn unter der Führung des Herrschers umfassend wirtschaftlich versorgte, geistig leitete und staatlich schützte, hat mit der Emanzipation der Persönlichkeit ihre omnipotente Berechtigung verloren. Sie wird aber heute auch in der „Demokratie“ weitgehend in bürokratisch perfektionierter Form fortgeführt. Die organisierte Gemeinschaft kann als Staat jedoch heute nur die Aufgabe haben, die auf der Gleichheit ruhende Freiheit und Selbstbestimmung der Menschen zu ermöglichen und zu schützen. Es ist nicht mehr ihre Angelegenheit, die wirtschaftliche Versorgung und die geistig-kulturelle Entwicklung der Menschen irgendwie inhaltlich zu lenken oder zu bestimmen, da unter der Führung der jetzt „demokratisch“ Herrschenden dadurch „von oben“ die Freiheit und Selbstbestimmung der Menschen ausgeschaltet wird. Ein „Oben“ kann es in der Gleichheit überhaupt nicht mehr geben. Es bringt immer ein „Unten“ mit sich, das ihm untergeben, untertan ist, in dem die Gleichheit aufgehoben ist.

Wilhelm von Humboldt wies bereits 1792 in einer wenig beachteten genialen Jugendschrift darauf hin, dass dem Staat nicht mehr „die Sorgfalt für das positive Wohl der Bürger“, d. h. für die bestmögliche Entwicklung ihres physischen und moralisch-geistigen Lebens zustehe, sondern nur noch die Sorgfalt für das „negative Wohl“ der Bürger, für ihre Sicherheit; also die Sorge  vor der Gefährdung ihres Wohlergehens, die ihnen durch äußere Feinde und Naturkatastrophen, im Inneren durch Störungen des Rechtsfriedens drohen. Es sei „das Prinzip, dass die Regierung für das Glück und das Wohl, das physische und das mo­ralische (geistige), der Nation sorgen muss, der ärgste und drückendste Despotis­mus.“ (4)  Für das physische Wohl wird im Wirtschaftsleben, für das geistig-moralische Wohl im Geistesleben gesorgt, das im Bildungsleben veranlagt wird. Beide Bereiche der Gesellschaft liegen daher außerhalb der Zuständigkeit des Staates. In ihnen hat allein die sich in Freiheit und Selbstbestimmung entfaltende Persönlichkeit des Menschen zu wirken. Gesetze des Staates, die das Handeln der Menschen inhaltlich diktieren, und wären es die bestmöglichen, bedeuten hier nichts anderes als eben Diktatur.

Ein Staat, in welchem die Bürger … genötigt oder bewogen würden, auch den besten Ge­setzen zu folgen, könnte ein ruhiger, friedliebender, wohlhabender Staat sein; allein er würde mir immer ein Haufen ernährter Sklaven, nicht eine Vereinigung freier, nur, wo sie die Grenze des Rechts übertreten, gebundener Menschen scheinen. (5)

Die Wurzeln der heute unrechtmäßigen Macht des Staates liegen darin, dass historisch überlebte gesellschaftliche Strukturen des früheren theokratischen totalen Versorgungsstaates unzeitgemäß aufrechterhalten werden. Die staatliche Macht ist usurpiert, sie ist die widerrechtliche Aneignung eines Gewaltinstrumentes durch wenige, um über die Anderen zu herrschen. Widerrechtlich ist sie deshalb, weil sie gegen das Naturrecht des Menschen verstößt, das jedem staatlichen Recht vorgeht.

Das Naturrecht

Freiheit und Gleichheit sind nicht staatlich zugeteilte Rechte, sondern Zustände, Verfasstheiten der Menschen, die aus der historischen Entwicklung hervorgegangen und errungen worden sind. Sie gehören der seelisch-geistigen Natur des Menschen an, sind sozusagen mit ihm geboren. Sie sind seine natürlichen Rechte, die jeder menschlichen Einrichtung, wie dem Staat, vorausgehen, die dieser vorfindet, voraussetzen und als ein Faktum damit rechnen muss. Der Staat hat sie lediglich rechtlich zu formulieren und als etwas aufzunehmen, das unabhängig von ihm bereits vorhanden, von ihm nicht veränderbar ist und als  von vorneherein, unmittelbar geltende Naturrechte des Menschen seinem eigenen Recht zugrunde liegt. Dies wird im deutschen Grundgesetz auch so gesehen. Am Anfang steht treffend das oberste Grundrecht, das alle weiteren Grundrechte in sich schließt, die aus ihm hervorquellen:

 Art. 1: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.  

  Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

   Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

Also die Würde des Menschen sowie die sie ausmachenden und aus ihr hervorgehenden  Gleichheits- und Freiheitsrechte sind für den Staat tabu, unantastbar und unabänderlich, da sie ihm vorausgehen und gerade seine Grundlage bilden, aus der er erst Berechtigung, Sinn und Gestalt bezieht. Sie binden seine Gesetze und Handlungen als bereits vor ihm bestehende, unmittelbar geltende Natur-Rechte des Menschen.

Daraus werden aber nicht die vollen Konsequenzen gezogen. Die Handlungsfreiheit und Selbstbestimmung des Menschen wird auch von den Juristen nicht in ihrer ideellen Reinheit, unabhängig vom Gewordenen, gefasst, und dieses dann daran gemessen. Die traditionellen Strukturen der Staatsmacht werden gar nicht vor den Richterstuhl des Selbstbestimmungsrechts gestellt, sondern einfach als Tatsachen ungeprüft übernommen. Ja, der Freiheitsbegriff wird umgekehrt ihrer Existenz angepasst, das heißt aber in seinem Wesen ein­geschränkt und verkrüppelt.

So fordert der frühere Bundesverfassungsrichter Udo di Fabio aus dem obersten Grundrecht der Würde des Menschen treffend „dass kein Mensch zum bloßen Objekt auch der demokratischen Staatsgewalt degradiert, verächtlich gemacht werden darf.“ (6)   Und etwas später schreibt er:

Das Grundgesetz ist von der Überzeugung durchdrungen, dass Menschen mit möglichst wenig staatlicher Lenkung und Gängelung am besten eine glückliche Gesellschaft hervor­bringen. Wer sich dies in Erinnerung ruft, mag zweifeln, ob trotz der starken Stellung der Grundrechte und des Bundesverfassungsgerichts, trotz des prägnanten Leitbildes der Freiheit nicht doch inzwischen unsere Rechtsordnung in einem erschreckendem Ausmaß überreglementiert ist, ob nicht das Gesetz, das ursprünglich der Verbündete des freien Bürgers war, in seiner großen Zahl und seiner dirigierenden, manchmal unsystemati­schen Vielschichtigkeit inzwischen doch eine Bedrohung für die Freiheit geworden ist. (7)

In diesen Worten zeigt sich der entscheidende Punkt. Er sieht die staatliche Gängelung als ein quantitatives Problem (möglichst wenig). Erst in der großen Zahl und Vielschichtigkeit der dirigierenden Gesetze sieht er eine Bedrohung für die Freiheit, was auch noch eine Verharmlosung ist, denn dirigierende Gesetze bedrohen die Freiheit nicht nur, sondern schließen sie aus. Verfassungsrechtlich kommt es gerade darauf an, zu verhindern, dass der Staat Gesetze – gleichgültig, ob wenige oder viele – erlassen kann, die gegen die Handlungsfreiheit des Menschen in seinen Lebensgebieten gerichtet sind. Denn damit wird er ja gerade zum bloßen Objekt der Staatsgewalt degradiert. Das Gesetz ist dann der Verbündete des freien Bürgers, wenn es sich auf Förderung und Schutz seiner Freiheit und der anderen Grundrechte beschränkt.

Begriff des Rechts

Das führt zu dem zentralen Problem, dass nicht streng zwischen Gesetzen, die den Schutz der physischen und seelisch-geistigen Integrität des einzelnen Menschen betreffen, und solchen unterschieden wird, die aktiv das physische und geistig-sittliche Wohl der Menschen von außen fördern und entwickeln wollen. Nur die ersteren bilden das eigentliche Recht, das Aufgabe des Staates ist. Für sein leibliches und moralisch-geistiges Wohl zu sorgen, ist Sache jedes Menschen selbst. Darin besteht gerade die selbstbestimmte, freie Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit.

Dem Handeln liegt immer eine im weitesten Sinne gute oder schlechte moralische Vorstellung zugrunde, wie etwas Bestehendes  verändert oder etwas Neues gestaltet werden soll. Diese Vorstellung gründet im menschlichen Geiste, in dem er absolut frei ist und frei sein muss. Wenn sein Handeln aber verletzend oder zerstörend in die physische oder seelisch-geistige Integrität eines anderen eingreift, also in Gesundheit, Leben, Eigentum, Freiheit des Willens usw., muss die staatliche Gemeinschaft einschreiten und diese Handlungen unter Strafe stellen bzw. im Zivilrecht durch geltende positive Regeln gerechten Verhaltens rechtlich ungültig machen. Gerecht sind die Beziehungen, wenn in Verträgen Rechte und Pflichten wie auf einem Waagebalken gleichgewichtig sind und einer den anderen nicht übervorteilt. „Gegenseitigkeit ist die Formel der Gerechtigkeit“, brachte bereits Aristoteles die Sache auf den Punkt.

Auf die Frage, was Recht eigentlich sei, sagte einmal in einem Gespräch ein Rechtsgelehrter knapp: ´Das Recht gehört zur Moral. Es verhindert oder sanktioniert den Teil des moralischen Handelns, der in gravierendem Maße sozial zerstörend wirkt. In der Moral sind wir frei, aber das Recht nimmt diesen Teil aus der Freiheit heraus und macht ihn für alle gleichermaßen verbindlich.`

Indem aber auch Teile des übrigen moralischen Handelns per Gesetz für verbindlich erklärt werden, wird dieses nicht zum Recht, sondern im Kostüm des Rechts zum staatlichen Unrecht, das die selbstbestimmte, freie Entfaltung der Persönlichkeit ausschließt. Dies ist z. B in allen Versorgungseinrichtungen des Staates wie den gesetzlichen Sozialversicherungen und Sozialleistungen der Fall. Sie schaffen Zwangsverhältnisse  und treten an die Stelle selbstverantwortlichen Handelns des Menschen (s. Die staatl. Krankenvers.). Sie haben zudem ein Ausmaß erreicht, das nur auf das Versagen des Rechtsstaates zurückzuführen ist, der es versäumt, durch das Recht wirtschaftliche Übermacht und Ausbeutung zu verhindern.

Heute besonders erlebbar übt der Staat eine gewaltige Macht durch das Geldsystem über die Menschen aus. Das Geld ist zwar ein verbindliches Rechtsdokument, seine Verwaltung und Regulierung gehört aber in nicht in die Hände des Staates bzw. anonymer Finanzkreise, sondern in die Hand von im Wirtschaftsleben tätigen Menschen, dort, wo der Austausch von Waren und Dienstleistungen durch das Geld vermittelt wird, das im rechten Verhältnis zu ihnen stehen muss (s. Staatsanleihen). Im Geistesleben wird besonders eklatant durch das staatliche  Bildungssystem  in die Freiheit der Lehrer und Eltern eingegriffen und der Quell des Kultur- und Geisteslebens den Zielen des Staates und der sie beherrschenden Kräfte unterworfen (s. Das staatl. Schulsystem).

Innerstaatliche Macht

Hier liegt der entscheidende Punkt, der das, was heute Demokratie genannt wird, noch immer mit obrigkeitsstaatlichen Herrschaftsstrukturen durchsetzt und den freien Bürger, den Souverän der Demokratie zum unmündigen Untertan macht. Die fraglose Ermächtigung des Parlamentes, auch solche Gesetze zu beschließen, die in die inhaltliche Gestaltung der Handlungsbereiche des wirtschaftlichen und des kulturell-geistigen Lebens eingreifen und den Willen des freien Menschen dem Willen der Herrschenden unterwerfen, macht auch die Demokratie zum Machtstaat.

Die moderne parlamentarische Demokratie hat in ihrer Rechtskonzeption den Wesens- und Bewusstseinswandel des Menschen zur freien, sich selbst bestimmenden Individualität nicht mitvollzogen. Infolgedessen zieht ihr gebliebener Machtapparat gerade solche Menschentypen an, die von dieser Entwicklung am meisten verschont geblieben sind. Weit davon entfernt, die Triebe und Begierden ihrer niederen Natur zu überwinden und sich zum Erleben der inneren Freiheit zu erheben, können sie auch im Anderen keine Freiheit, sondern nur egoistisches Streben erblicken, das es mit Macht zu unterdrücken gilt. Eine gierige politisch-finanzkapitalistische Kaste kann sich  mit Hilfe der staatlichen Macht die Wirtschaft und das Geistesleben nach den eigenen niederen Interessen formen.

Diese Staatsmacht ist, insofern sie über das skizzierte reine Recht hinausgeht, vor dem Naturrecht des freien Menschen und damit auch vor den wohlverstandenen Grundrechten des Grundgesetzes widerrechtlich. Sie hat keine innere Berechtigung, sie ist hohl, eine Anmaßung, sie verletzt und schändet die Würde des Menschen. Wer sie ausübt, ist geschichtlich zurückgeblieben, hat die tatsächliche Höhe der abendländischen Geistesentwicklung der Menschheit nicht erreicht und stellt sich feindlich gegen sie. Die Staatsmacht trägt insofern sozialpathologische Züge. Die soziale Ordnung freier Menschen gestattet dem einzelnen nur einen „Herrschaftsanspruch“: die Herrschaft über sich selbst. Der Machtmensch vermeidet dies. Statt sich selbst zu beherrschen und zum freien Menschen zu bilden, beherrscht er mit den Gewaltmitteln des Staates die anderen.

Die internationale Macht

Im heutigen Staatsgedanken hat sich die vorchristliche theokratische Idee eines mystischen Gesamtwillens, den der Herrscher repräsentiert und realisiert, auf unreflektierte Weise erhalten. Die modernen Machthaber beanspruchen in ihrer Hybris, Repräsentanten der Nation, des Volkes, der Bevölkerung Europas zu sein und deren rechtlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Willen, im Staat zusammengefasst, gegenüber den Machthabern anderer Staaten zu vertreten. Aber es gibt keinen Willen der Menschenansammlungen Nation, Volk oder Europäische Gemeinschaft. Das ist eine Fiktion. Einen Willen haben nur die einzelnen individuellen Menschen, und die sind sehr verschieden. Der Wille des Staates ist in Wahrheit der Wille derjenigen, die sich den staatlichen Herrschaftsapparat als Instrument ihrer Machtsucht zur Beute gemacht haben.

Die politisch Herrschenden identifizieren sich mit dem Staat als der verfassten Gesamtheit aller. Ihr machtsüchtiges Ego bläht sich auf zum machtsüchtigen Staat, durch den sie nun mit den Machthabern der anderen Staaten um die Vergrößerung ihrer Macht und ihres Einflusses ringen, was unter dem nichtssagenden Begriff der internationalen Politik verschleiert wird. Die Macht der Herrscher speist sich aus der Kraft der Wirtschaft, die sich durch ihre kapitalistische Form in den Händen weniger konzentriert und zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Macht wird, die äußerlich der Politik dient, in Wirklichkeit aber diese im Sinne ihrer Profitinteressen bestimmt. Die Macht breitet sich heute primär durch die Globalisierung der kapitalistischen Real- und Finanzwirtschaft aus, welche die nötige Abhängigkeit erzeugt. Und aus der Wirtschaft wächst die militärische Macht hervor, die den politischen Machtansprüchen Nachdruck verleiht und ihnen schließlich mit Gewalt Geltung verschafft.

Kriege sind die brutalen Gewaltausbrüche von Machtpsychopathen, die in ihrer seelischen Entwicklung zur Menschlichkeit zurückgeblieben sind. Durch den Machtapparat des Einheitsstaates ist es ihnen möglich, das Wirtschaftsleben und das Geistesleben der Menschen dafür zu instrumentalisieren und insbesondere über die prostituierten Medien das Bewusstsein der Menschen zu manipulieren und weitgehend in autoritätsgläubige Dumpfheit zu versetzen.

Dies kann nur dadurch gestoppt und in menschenwürdige Bahnen gelenkt werden, dass der staatliche Machtapparat aufgelöst wird, indem eine Verfassungsänderung die Gesetzgebungs-Kompetenz der staatlichen Legislative auf das oben skizierte reine Rechtsgebiet beschränkt. Die Aufgaben der ausführenden Verwaltung, die heute noch in der unbewussten Tradition des Königtums (lat. rex, regis) Regierung (von lat. regere = lenken, herrschen) genannt wird, reduzieren sich dadurch entsprechend. Das Wirtschafts- sowie das Geistesleben mit seinem Zentrum, dem Schul- und Hochschulwesen, erhalten eine je eigene Selbstverwaltung, in denen es keine vertikalen Direktiven, sondern nur horizontal koordinierende Vereinbarungen und Verträge entsprechender sachkundiger Gremien gibt. Der Staat hat da überhaupt nicht mehr hineinzuwirken. Er setzt lediglich das verbindliche Recht, in dem sich die jeweiligen freien Handlungen und Beziehungen der Menschen bewegen müssen, um die physische und seelisch-geistige Integrität des Menschen, d. h. seine freiheitlichen Grundrechte zu wahren (s. Fassade Demokratie; Der Verlust des Menschlichen;  Die Überwucherung).   (hl)

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(1)   Heinz Hartmut Vogel: Jenseits von Macht und Anarchie, Köln und Opladen 1961, S. 23

(2)   „Die Würde des Menschen besteht darin, dass der Mensch als geistig-sittliches Wesen von Natur darauf angelegt ist,  in Selbstbewusstsein und Freiheit sich selbst zu bestimmen, sich zu gestalten und sich in der Umwelt auszuwirken.“ (Josef Wintrich, Präsident BVerfG. Nachweis Heinz Hartmut Vogel Anm.3, S. 134)

(3)   a. a. O. S. 24, 25

(4)   Wilhelm von Humboldt: Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen,  Stuttgart 1962, S. 172

(5)   a. a. O. S. 93

(6)   Einführung in das Grundgesetz, in Beck-Texte Grundgesetz u. a. dtv  41. Aufl., S. XII

(7)   a. a. O. S. XIV

 

 

 

 

24 Kommentare zu „Macht macht untertan – Die Unvereinbarkeit von staatlicher Macht und Demokratie“

  1. MACHT gründet auf KRAFT. Die englische Sprache, die in manchen Aspekten der „Ur-Sprache“ noch näher ist als Deutsch (Theodisch), hat dafür EIN gemeinsames Wort: POWER.

    Die höchste Macht im Universum ist DIE Kraft, die allen Lebewesen LEBEN ist, die „Lebens-Kraft“, „Lebens-Energie“; von den Germanen und anderen Völkern der Zeit vor etwa 2000 Jahren „Od“ / „Ot“ genannt – woraus sich Götternamen wie OD-IN und W-OD-AN (Wotan) ableiten, aber auch das alte deutsche Wort „Got“ (Gott) und das englische „God“.
    Als „OD-EM“ – Lebenshauch – macht es den Adam erst wahrhaft lebendig, nachdem Gott ihn aus Lehm / Staub erschaffen hatte.
    Und das Wort „T-od“ gibt noch heute zu erkennen, daß beim Tod diese Kraft – wieder – aus dem materiellen Körper entfleucht / entschwindet.

    Jede andere – angebliche, vermeintliche – Macht außer dieser höchsten ist ein „Popanz“, ein „Blendwerk“, ohne echte Substanz. Die Substanz der ECHTEN, wahren, Macht und Kraft können aber nur solche Menschen erkennen, die aufgestiegen sind zu der Bewußtseins- / Seins-Ebene, in der diese Kraft erkennbar wird. Wer zu dieser Bewußtseins-Ebene aufgestiegen ist, hat damit das „Dritte Auge“ geöffnet und erkennt die – feinstoffliche – Lebens-Kraft.

    Die zivilisierte Gesellschaft gründet NICHT auf dieser Macht / Kraft, sondern auf der krankhaften Abwesenheit bzw. dem MANGEL an dieser Kraft – und das schon seit über 10.000 Jahren. Möglicherweise sogar schon seit 40.000 oder 60.000 Jahren. Es gibt wissenschaftlich begründete Hinweise auf Ereignisse, die ein kollektives Trauma ausgelöst haben könnten und damit die „Krankheit der Gesellschaft“, die „Kollektive (Zivilisations-)Neurose“ (KZN) haben ausbrechen lassen.

    Und mit dieser Krankheit haben wir es noch immer zu tun. Über eine Kette von „Hoch-Kulturen“, die aufgeblüht und wieder untergegangen sind – wie Oswald Spengler beschrieben hat – entwickelte sich die KZN weiter bis zur jetzigen globalen „Hochkultur“. Und wieder steht der Untergang bevor. Diesmal mit dem großen Risiko des Aussterbens der Gattung „Mensch“.

    Die KZN ist in jedem Einzelfall grundlegend – und auf DEM völlig natürlichen Wege (der Initiation und Bewußtseins-höher-Entwicklung) – möglich. Die Frage ist, ob die Menschheit noch „die Kurve kriegt“ oder ob nicht. Wir befinden uns nahe am „Bifurkationspunkt“.

    Wir stehen als Menschheit vor der „HAMLET-Frage“: „Sein oder nicht sein.“

    Herzlichen Gruß!

  2. Wenn ich solche Beiträge lese, frage ich mich bisweilen, welche KZN Bienen, Ameisen oder Termiten dazu bewogen hat, im Staat ihren Erfolg zu finden!?!

    Oder warum sich viele Tierarten zur Erhöhung der individuellen Überlebenschancen freiwillig zu riesigen Schwärmen / Herden zusammen schliessen?

    Die Amis auf Kurs
    Grüsse
    kosh

    PS: Man tut was man kann und man kann was man tut.

  3. @ kosh

    „… frage ich mich bisweilen, welche KZN Bienen, Ameisen oder Termiten dazu bewogen hat, im Staat ihren Erfolg zu finden!?!“:

    Irgendetwas nicht verstanden??

  4. Was soll ich denn bitte Deines Erachtens nicht verstanden haben? Ich habe nur gefragt, wie es kommt dass sich z.B. Ameisen evolutionär extrem erfolgreich auf eine “Kollektive ZivilisationsNeurose” einigen, sich einzelnen Führungsfiguren unterwerfen um sklavisch der Arterhaltung zu dienen. Das Modell Zivilisation hat sich evolutionär bewährt, selbst die Vorfahren unserer “besten Freunde” machen rudimentär davon Gebrauch und gerade deshalb scheinen sich Hunde mit Menschen bestens zu verstehen. Der Homo sapiens hat nur wesentlich weiter entwickelte Mittel zum uralten Zweck.

    – Es gibt wissenschaftlich begründete Hinweise …

    Mit dem Manko, dass Wissenschaft nicht von HIN- sondern BEweisen lebt.

    – … auf Ereignisse, die ein kollektives Trauma ausgelöst haben könnten …

    … oder auch nicht. Ich fasse zusammen: Zunächst mal erst Hinweise auf Ereignisse und selbst wenn bewiesen werden könnte, dass die Ereignisse stattgefunden haben, müsste bewiesen werden, dass sie die unterstellte Wirkung hatten. Ein bisschen viel abhängige Variablen in einer Kette von unbewiesenen Hypothesen. Zumal das kollektive Trauma der einen DER Überlebensvorteil der anderen gewesen sein könnte, ein Bsp.:

    aus http://www.nzz.ch/panorama/die-kannibalen-der-snowy-mountains-1.18394444
    – Als sich die Forscher den Pferden näherten, sahen sie, dass deren Schnauzen tief in den offengelegten Gedärmen des Kadavers steckten.

    Wie auch immer, glauben ist nicht verstehen. Glauben kann man nicht verstehen, nur glauben. Könnte man ihn verstehen, wäre der Glaube eine Sache des Verstandes und müsste nicht Glaube genannt werden. Damit wäre wohl eine PRoblematik des Glaubens gelöst, aber ob die nunmehr gelüftete Lebens-Kraft-Energie verspricht, woran man vorher nur glauben konnte, sei dahin gestellt. Vielleicht geht er Schuss nach hinten los und der Homo sapiens sucht Trost in einem anderen, ihm bekömmlicheren Glauben.

    Du bist Gläubiger und ich versuche mich an das zu halten, was halbwegs nachvollziehbar ist resp. einigermassen verstanden werden kann. Insofern hast Du vollkommen an mir vorbei verstanden, u.U. willst Du auch nicht verstehen weil es an Deinem Glauben rüttelt.

    Nur weil die alten Germanen und andere Völker ihren je eigenen Glauben hatten und ihn bis heute in der einen oder anderen Form praktizieren, BEweist das weder die “Lebens-Kraft” als höchste Macht im Universum noch ihr Gegenteil. Historisch finde ich Deine Herleitung übrigens interessant, aber ich gehe davon aus, dass es so sein kann oder auch nicht oder sowohl als auch. Andererseits verdeutlicht Deine Frage ohne nähere Erläuterung, dass Du als Gläubiger unterwegs bist und indem Du Zeugnis davon ablegst, als Missionar. Diese HALTung ist in alternativen Foren weit verbreitet, wenig überraschend ausgerechnet auch dort, wo versucht wird mit Verstand zu arbeiten. Sie begegnet mir seit mittlerweile über 12 Jahren im www und wird nicht müde, Verstand durch Glauben zu ersetzen. Was ich nicht schon alles hätte glauben sollen 🙂 aber gerade durch ihre Vielfalt an Widersprüchen MACHT sich die missionarische MACHT selbst ad absurdum.

    Jeder, der nicht ohne leben will, kann sich für den einen oder anderen Glauben entscheiden. Oder man versucht das zu nutzen, was die Evolution in Hunderten Millionen Jahren mühsehlig entwickelt hat: Das Gehirn unter weitestgehendem Ausschluss von Emotionen. Ich bin zwar mit dem Inhalt des obigen Artikels mal mehr mal weniger einverstanden, aber ich erkenne und schätze den Versuch der Argumentation auf Verstandesbasis. Du hingegen versuchst, den Leser bei den Gefühlen zu packen, so wie das PRiester schon immer gemacht haben. Denn verstandesmässig wussten sie selten zu überzeugen, andererseits ist unter den talentiertesten PRiestern ausserordentlicher Verstand zu vermuten. Nur dass sie ihn halt nicht an und für sich benutzt haben, sondern für den Glauben.

    Dass wir Evolution nicht daran messen können, ob Lebewesen sich um “Lebens-Kraft” scheren sondern allein daran, ob sie überleben oder nicht, kommt den meisten Homo sapiens nicht in den Sinn resp. geht ihnen gegen den Strich. Alternativ steht die Flucht in den Glauben. Meinetwegen missioniere weiterhin Deinen Glauben wie schon unsere Ahnen …

    – … seit über 10.000 Jahren. Möglicherweise sogar schon seit 40.000 oder 60.000 Jahren …

    … und frage den Ungläubigen “irgendetwas nicht verstanden??”
    Darin unterscheidet er sich nur durch die Fallhöhe von Spätformen wie der “Heiligen Inquisition”, die sich übrigens überlebt hat, formal und weniger tragisch – als Ratzinger war er noch Grossinquisitor. PRaktisch wurde diese Mission von allen möglichen Glaubensinterpretationen abgelöst, zeitgenössisch z.B. durch die Heuschreckenbomber der Achse des GUTen oder die “Lebens-Kraft” der IS-Kopfabschneidersekte – die sind ganz bestimmt 1000% überzeugt, dass sie rechter haben und Lebens-kräftiger sind als die …

    – … Germanen und anderen Völker …

    Die Amis auf Kurs
    kosh

    PS: Man tut was man kann und man kann was man tut.

  5. @ kosh

    Nur hierzu:

    „… wie es kommt dass sich z.B. Ameisen evolutionär extrem erfolgreich auf eine “Kollektive ZivilisationsNeurose” einigen…“:

    Auf eine Neurose kann man sich nicht „einigen“.
    Und wild lebende Tiere sind im Regelfall ohne Kollektive Neurose.

    Herzlichen Gruß!

  6. @ Michael

    Die Anleitung mag „durchdacht“ sein, aber das rationale Denken allein löst unsere Probleme nicht – denn es hat sie ja ERSCHAFFEN!

    „Dieses Buch handelt von den schlimmsten Bewohnern der Erde. Von uns Menschen.“:

    Das ist eine im wahrsten Sinne des Wortes DUMME Bemerkung.

    Denn wer noch nicht gelernt hat, die Wahrheit, das Problem, die tiefste Ursache, zu erkennen und zu DIFFERENZIEREN, ist offenbar – noch – (geistig-seelisch, spirituell) UNREIF und entsprechend unweise. Der korrekte Ausdruck dafür ist DUMM sein.

    Denn die Ursache des Problems sind nicht „DIE Menschen“, sondern nur ein Teil der Menschheit, den man konkret / genau / differenziert benennen kann.

    Ich befasse mich seit Jahrzehnten mit der Frage nach den Ursachen der „Globalen Krise“, der „Krise der Moderne“ oder wie man das sonst noch nennt – und habe schon mit vielen Menschen gesprochen / korrespondiert, die „durchdachte“ Lösungen zu kennen glauben. Aber wie sich z.B. bei der Lösung „Sozialismus / Kommunismus“ gezeigt hat, funktioniert es nicht so, wie gedacht. Irgendetwas fehlt(e). Irgendein Faktor war nicht bedacht worden. Und dieser Faktor ist vom Prinzip her bekannt. Die Soziologie nennt ihn „Kollektive Neurose“. Aber selbst die große Mehrheit derer, die davon wissen, erkennt nicht die wahre Tiefe / Schwere / Tragweite des Problems.

    Die „Kollektive Neurose“ – auch „Krankheit der Gesellschaft“ oder ähnlich genannt (ich nenne sie die „Kollektive Zivilisations-Neurose“- KZN ) ist keine NEUE Krankheit; sie ist nicht erst in den letzten wenigen Jahrzehnten entstanden oder in den letzten wenigen Jahrhunderten. In Wahrheit ist sie so alt wie die Zivilisation, der „zivilisatorische Prozeß“ – und das sind deutlich mehr als 10.000 Jahre, evtl. sogar 60.000 oder mehr Jahre.

    Dennoch ist JETZT, HEUTE, in jedem Einzelfall, die grundlegende Heilung möglich. Und aus dieser Gewißheit rührt die Überzeugung, daß auch KOLLEKTIVE Heilung möglich ist.

    Das besondere Problem bei dieser Krankheit ist, daß die Betroffenen / Befallenen / Erkrankten innere Widerstände gegen das Erkennen dieses „MANGELS“ haben und das Problem folglich ignorieren, verdrängen, leugnen, beschönigen, verharmlosen oder sonstwie versuchen, sich aus der Verantwortung – primär für sich selbst – zu ziehen. Zwar heißt es, jeder – volljährige – Mensch dürfe über sich und sein Leben selbst entscheiden; aber in diesem Fall haben wir es mit dem Problem zu tun, daß die Bevölkerung(en) der Nationen der zivilisierten Gesellschaft mit dieser „Freiheit“ die Lebensgrundlagen ALLER gefährden. Nicht nur aller Menschen, sondern auch allen Lebens außerdem auf diesem Planeten.

    Mehr und mehr Menschen der zivilisierten Gesellschaft werden auch „konkret“ krank. Das heißt: Die „unterschwellige“ – mehrheitsnormale – Kollektive Neurose zeigt sich bei zunehmender Schwere in auch schulmedizinisch bekannten „Krankheiten“. Genau betrachtet sind es nur verschiedene Symptome der „Kollektiven Neurose“ / KZN.

    Das mindeste, was zu tun wäre: INFORMATION. Wahrheitsgemäße Aufklärung – die das „System“ nicht leistet. Also die Wissenschaft / Medizin / Psychologie; das „Gesundheitssystem“, die Politik; auch Kirchen und Verbände, NGOs und andere Institutionen informieren die Bürger nicht. Das habe ich in jahrelanger Arbeit festgestellt und sehe mich als einer von ganz wenigen, die die Wahrheit kennen und sie auch aussprechen. Meine 1992 gegründete Initiative befaßt sich mit entsprechender Aufklärung.

    Soviel für diesmal.

    Herzlichen Gruß!

  7. Hallo Heuerka 47,
    toller Kommentar. Ich hatte mal einen Psychologen gefragt wie eine Maschenpsychose beendet werden kann. Er hat geantwortet denken nur Sie so das wir in Deutschland eine Maschenpsychose haben. Ich sagte ja, dann hätte ich ein Problem.
    lg Marion

  8. Dämlicher Text.

    Der fängt irgendwie liberal (also „klassischer Liberalismus“ liberal) an, mit diesem ganzen überkommenem Gedöns:
    > Aus dieser Unmündigkeit hat sich die Menschheit allmählich herausentwickelt.
    > Mit der in Griechenland entstehenden Fähigkeit des begrifflichen Denkens
    > erwachte in den Menschen ein wachsendes Selbstbewusstsein, …
    Ich mag diese antike Sklavenhaltergesellschaft nicht. Ein paar alte, weisse Sklavenhalter erfinden Demokratie. Das ich nicht lache. Jeder einigermassen vernünftige indigene Gesellschaft ist demokratischer als die das je waren. (Möglicherweise bin ich aus Unwissenheit auch zu streng mit denen.)

    Vorallem was ist das für ein verschrobenes Geschichtsbild?
    Die alten Griechen bäumen sich doch nicht auf zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit gegen irgendwelche Herrscher auf. Sondern das genaue Gegenteil ist der Fall in die Zeit (also so ungefähr) fallen die ersten richtig grossen Machtkonzentrationen, bei denen Herrscher viel Arbeitskraft unter sich versammelt bekommen. Ich meine natürlich die antiken Hochzivilisationen, das alte Babylon usw..
    Der Begriff „Zivilisation“ ist immer synonym zu „Herrschaft des Menschen über den Menschen“, egalitäre Zivilisationen gelten nicht als Zivilisationen sondern als Barbaren. Da fallen die antiken Griechen nicht raus, sondern die sind genau eine Zivilisation, eben weil sie eine Sklavenhaltergesellschaft sind.

    Und von damals, von der Wiege der Zivilisation kann man bis zur heutigen Zivilisation eine Linie ziehen mit immer grösserer Machtkonzentration. Und das kulminiert in der französischen Revolution in der sich das Bürgertum mit Kapitalismus durchsetzt. Das ist die Machtbasis auf der globale Empire und Weltkriege möglich sind. Der Höhepunkt der Zivilisation.
    Darüber gibt es ja das lustige Buch „Das Ende der Megamaschine“.

    Mir geht es hier darum, dass dieses klassisch-liberale Geschichtsbild und dessen Fortschrittsglaube, Schwachsinn aus dem 19. Jahrhundert ist. Wenn man daran festhält, ist die Chance hoch auf falsche Ideen zu kommen.

    Im Text ist mir auch Individualismus etwas zu überbetont. Das ist auch was sehr klassisch-liberales. Und m.E. so eine westliche Krankheit im Denken. Das verkennt meist, dass die Menschen soziale Wesen sind und dass man nur innerhalb des Clans (also der egalitären Gesellschaft), da wo alle so sind wie man selbst, zum Individuum aufsteigen kann. Man ist nicht Individuum gegen die Gesellschaft, sondern nur maximal in ihr. Frei kann man nur sein, innerhalb einer Gemeinschaft von Freien.
    Das ist dieses alte klassisch-anarchistische Thema.

    Und weil man in unserer Gesellschaft nicht frei ist, wird dann natürlich das Recht in Stellung gebracht um soviel Freiheit wie möglich zu sichern. Also das Recht was der Staat/der Unterdrücker erst konstituiert, soll dann für Freiheit sorgen. Legitimiert wird das dann über Lockes Naturrecht. Der alte liberale Witz.

    Und dann biegt der Text noch so ein bisschen neoliberal ab:
    > … das die selbstbestimmte, freie Entfaltung der Persönlichkeit ausschließt.
    > Dies ist z. B in allen Versorgungseinrichtungen des Staates
    > wie den gesetzlichen Sozialversicherungen und Sozialleistungen der Fall.
    Also jetzt mal abgesehen davon, dass die gesetzliche Krankenversicherung mir das Geld aus der Tasche zieht, finde ich das keineswegs irgendwie hinderlich für meine selbstbestimmte, freie Entfaltung, dass ich kostenlos zum Arzt gehen kann, wenn ich krank bin.
    Wenn irgendeine staatliche Massnahme sowas wie freiheitsförderlich ist, im Sinne das es meine individuellen Handlungsoptionen steigert, dann ist das meistens der Sozialstaat. Aber streng neoliberal ist das ja Bevormundung. Die Leute sollten der Freiheit Willen, lieber frei verhungern als bevormundet essen.
    Ich finde ja, wenn man schon für jede Scheisse vom Markt abhängt, dann ist bedingungsloser Zaster eine Massnahme da weht der Atem der Freiheit durch. Neoliberal ist das natürlich Knechtschaft und geht gar nicht.

    Eigentlich vermisse ich dann beim Text nur noch ein Hohelied auf die freie Wirtschaft und freie Märkte. Aber entweder habe ich da durch die liberalen Einsprengsel nur was falsch verstanden oder in Zeiten der Finanzkrise ist das gerade nicht so Mode, sowas zu machen.

    Wenn man dann schon so falsch anfängt, kommt man dann natürlich auch genau zu den falschen Schlüssen:
    > Der Wille des Staates ist in Wahrheit der Wille derjenigen,
    > die sich den staatlichen Herrschaftsapparat als Instrument ihrer Machtsucht zur Beute gemacht haben.
    Ich meine, dass ein korruptes Umfeld korrupte Leute anzieht, keine Frage. Aber bei dem Satz lese ich so raus, dass wenn keine Machtmenschen sondern sagen wir Gutmenschen den Herrschaftsapparat erobern würden, dann kann man ihm auch dazu einsetzen die Freiheit zu steigern. Diese Interpretation wäre ein Rückschritt selbst hinter Marx.

    Jut, also ich finde, den Text schwammig genug, dass man ihn auch anders ausgelegt könnte, aber ich lese den so wie oben dargestellt. Und interpretiert man den Text so, dann hätte man den vielleicht vor 200 Jahren so bringen können, aber nicht mehr im 21. Jahrhundert.

  9. Sie betrachten die Geschichte zu äußerlich. Die erdrückende Fülle und Vielfalt der geschichtlichen Ereignisse beginnt sich zu ordnen, wenn wir sie jeweils als Ausdruck der Entwicklung des menschlichen Bewusstseins begreifen und verfolgen. Der Geschichte liegt die Geschichte des menschlichen Bewusstseins zugrunde, aus dessen jeweiliger Verfassung alle Ereignisse stets hervorgehen. Der Mensch kann nur heraussetzen, was jeweils in ihm liegt. Diese Perspektive ist ungewohnt, denn unser Bewusstsein ist sonst immer nur auf anderes gerichtet, nicht aber auf sich selbst und seine eigene Genese.
    Vgl.:
    https://fassadenkratzer.wordpress.com/2014/05/23/die-aufgabe-europas-zwischen-ost-und-west/

  10. Das was wir Menschen so zusammen abstrahieren, sollte man immer mit Vorsicht geniessen. Der Mensch erkennt noch Muster im Chaos. Von daher ist deine Ordnung der geschichtlichen Prozesse eine Chimäre, vorallem von irgendwelchem geistigem Bewusstsein ganzer Völker, also wieder abstrakter Einheiten. (Ich hoffe Duzen ist okay. Ich kann auch Siezen, aber Duzen ist so mein Spleen.) In dem verlinkten Text Die Aufgabe Europas zwischen Ost und West finde ich das noch deutlicher. Aus der Weltanschauung atmet der Hegelsche Weltgeist. (Ich nenne das auch den „hegelschen Schmutz im Denken“.) Das ist was ich meinte mit finsterstes 19. Jahrhundert. Das ist halt Idealismus.

    Zum Beispiel wenn das europäische Bewusstsein der Gipfel des Fortschritts bis jetzt ist. (Also abgesehen davon, dass wir uns aus den Fängen der amerikanischen Unkultur befreien müssen, um das europäische Bewusstsein wieder zu seiner vollen Blüte zu bringen.) Dann ist eine relativ naheliegende Implikation, dass wir Europäer eine fortschrittliche Zivilisation sind und die ganzen Asiaten naja halt zurückgebliebene Zivilisationen sind. Von daher müssen wir denen erstmal Fortschritt bringen. Und genau die Art von Argumentation war die Legitimation für den Kolonialismus im 19. Jahrhundert. Die zurückgebliebenen Völker müssen erstmal durch harte Arbeit zeigen, dass sie würdig sind an der Tafel der freien Völker Platz zu nehmen. „Am deutschen mitteleuropäischen Wesen soll die Welt genesen.“
    Siehe hierfür auch „Freiheit als Privileg“ von Domenico Losurdo.

    Ein zweites Detail ist halt der Fortschrittsglaube.
    Seit der Aufklärung leuchtet ja das Licht der Vernunft durch Europa und wir schreiten immer weiter voran auf dem zivilisatorischen Weg bis hin zu zweimal Massenabschlachten in Form von Weltkriegen (Weltkriegen!), der industriellen Menschenvernichtung im 3. Reich, die Gefahr der thermo-nuklearen globalen Vernichtung und jetzt der globalen Erderwärmung und daraus resultierender Katastrophen. Das ist natürlich eine dumme „äusserliche“ Perspektive auf die Geschichte, aber warum ist der Westen nochmal nicht „Mordor“ auf Selbstmordkurs?
    (Natürlich ist an letzterem der amerikanische Ungeist Schuld, aber bis zum 3. Reich sind wir Europäer auch alleine gekommen.)

    Ich schätze mal bei der Form von Idealismus geht es eh mehr um Glauben, von daher ist dagegen argumentieren mehr oder weniger Quatsch. Wir, Menschen, glauben ja immer an irgendwas, aber es macht schon einen Unterschied, ob wir den Glauben dann kultivieren oder eher Zweifel. Bei meinen Glaubensinhalten steht immer der Zweifel hinter. Das ist für mich der Inhalt der Aufklärung: Zweifel, und nicht mehr Glauben, wie davor.
    Diese Form von Idealismus hier ist für mich gefährlich und überholt. Im 21. Jahrhundert müssen wir vom Selbstmordkurs wegkommen und da finde ich das mehr als hinderlich.

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