Wir veröffentlichen einen Brief der vielfältig tätigen Bürgerbewegung „Gemeingut in BürgerInnenhand“ (GiB), die sich intensiv gegen die am Profit der privaten Krankenhaus-Betreiber orientierte Zentralisierung und Schließung kleinerer Krankenhäuser wendet, wie sie vom Wirtschafts-Lobbyisten Lauterbach betrieben wird. In der nachfolgenden „Aktionsinfo Klinikrettung“ weist sie anhand von Erfahrungen aus dem Leben auf die Wichtigkeit wohnortnaher kleinerer Krankenhäuser hin, die in Notfällen vielfach lebensrettend sind, da weiter entfernt liegende zentrale Krankenhäuser oft nicht rechtzeitig erreicht werden können. (hl)


Liebe Freundinnen und Freunde einer guten Gesundheitsversorgung,
heute erscheinen zwei weitere Folgen unserer neuen Videoreihe zu Krankenhaus-Schließungen:
1. Röntgenassistentin Anke Görtz erzählt über die gebrochenen Versprechen nach der Krankenhaus-Schließung in Havelberg. Eindrücklich entkräftet sie den Mythos, dass die Zentralisierung der Krankenhäuser dem Personalmangel abhilft: Von 48 Krankenschwestern, die bis zur Schließung in der dortigen Klinik tätig waren, haben 45 der Arbeit im Krankenhaus den Rücken gekehrt. Das Video mit Anke: https://www.youtube.com/watch?v=nDlf9QusdK0
Transkript:
„Die Bevölkerung ist sehr deprimiert und auch verzweifelt, denn ortsnahe medizinische Versorgung ist das wichtigste Gut, das wir eigentlich haben.
Ich bin Anke Görz aus Hafelberg. Ich habe 23 Jahre in der Röntgenabteilung des Krankenhauses gearbeitet und setze mich seit der Schließung mit unserem Verein „Pro Krankenhaus Hafelberg“ für die medizinische Versorgung im ländlichen Bereich bei uns in Hafelberg ein.“ –
– Einblendung:
Seit 2020 wurden 66 Krankenhäuser geschlossen.
Nur in knapp einem Drittel der Fälle entstanden nach der Schließung am bisherigen Standort Gesundheitszentren.
„Seit der Schließung des Krankenhauses in Hafelberg 2020 wurde uns von der Landesregierung versprochen, ein Medizinisches Versorgungszentrum in Hafelberg aufzubauen. Bis heute, 4 Jahrenach der Schließung, ist leider nichts passiert.“ –
– Einblendung:
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach behauptet,
dass Krankenhausschließungen notwendig sind, um das
knappe Personal an weniger Standorten zu konzentrieren.
Aber können Schließungen den Personalmangel beheben?
„Vor der Schließung des Krankenhauses arbeiteten 48 Krankenschwestern bei uns im Krankenhaus in Hafelberg, wovon jetzt genau noch 3 Schwestern wirklich als Krankenschwestern in einem Krankenhaus arbeiten. Alle anderen haben den Beruf gewechselt.“ –
– Einblendung:
Nach den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses
(G-BA) sollen alle Menschen ein Krankenhaus innerhalb
von 30 Minuten mit dem Auto erreichen können.
„Insbesondere sind wirklich die älteren Leute betroffen, weil sie nicht wissen, wie sie in das nächste Krankenhaus nach Stendal kommen sollen. Das ist von Hafelberg 50 km entfernt und mindestens eine Fahrtzeit von 45 Minuten. Dadurch, dass wir kaum Infrastruktur haben – es fährt jede Stunde ein Bus -ist es für sie auch gar nicht möglich, wenn sie nicht selber mobil sind oder vielleicht jemanden haben, der sie fahren kann, dann auch in dieses Krankenhaus zu kommen.“ –
– Einblendung:
Krankenhausschließungen kosten Menschenleben.
„Ich kann von einem Fall berichten: Ein 78-jähriger Mann erlitt einen Herzinfarkt. Eine DRK- Sanitätshelferin war glücklicherweise vor Ort. Sie rief sofort die 112. Der Hafelberger Krankenwagen war leider unterwegs, deshalb musste aus einem anderen Ort ein Krankenwagen angefordert werden. Der Notarzt war innerhalb von 20 Minuten vor Ort, und der Krankenwagen, der sich in Hafelberg leider nicht auskannte, stand 10 Minuten vor einem falschen Haus und wunderte sich, dass da niemand aufmachte, bis er merkte, dass er falsch war. Nach einer halben Stunde war er dann vor Ort bei dem Patienten, der dann zu dieser Zeit schon nicht mehr ansprechbar war und wiederbelebt werden sollte, was aber dann leider nicht mehr gelang. Der Mann ist vor Ort verstorben.“
2. Iris Stellmacher aus Breisach erzählt aus der Patientenperspektive, wie ihr das wohnortnahe Krankenhaus bei einem ganz alltäglichen Unfall das Leben gerettet hat. Warum dessen Erhalt für sie so wichtig ist: „Kurze Wege, ich fühle mich aufgehoben, ich fühle mich sicher, da kann ich gesund werden.“ Das Video mit Iris: https://www.youtube.com/watch?v=98amcaH75E0
– Transkript:
„Das wohnortnahe Krankenhaus ist wichtig, denn es hat mir mein Leben gerettet. Ich heiße Iris Stellmacher ich komme aus Breisach. Ich bin Ernährungswissenschaftlerin, habe als Ernährungsberaterin gearbeitet, bin aber inzwischen in Rente. Und warum ich mich mit dem Thema Krankenhaus beschäftige? Ja in Breisach gibt’s noch ein kleines Krankenhaus, und ich habe es mehrfach in Anspruch nehmen können. Und ich denke, dem verdanke ich eventuell sogar mein Leben.“ –
– Einblendung:
Alltägliche Unfälle können zum Notfall werden.
Das wohnortnahe Krankenhaus leistet die
notwendige Erstversorgung“
„Es ist ein paar Jahre her, da hatte ich einen Hundebiss, selbst verschuldet, hab da eingegriffen und wollte einen Hund rausziehen, und dann ist ein Zahn an meiner Hand gelandet. Das wurde dann beim Hausarzt auch entsprechend versorgt, antibiotisch und so weiter, und es war mitten in der Woche. Und am Sonntag, am späten Nachmittag, gegen Abend, fing die Hand an zu schwellen, und mir wurde dann irgendwie …, ich habe Angst gekriegt, leicht, ich wurde unsicher. Und die Hand fing an, wie so ein Ballon so langsam aufzugehen.
Eigentlich wollte ich noch mit meinem Mann Bier trinken gehen, und dann haben wir gesagt, wir gehen jetzt beim Krankenhaus vorbei, weil wir haben noch ein Krankenhaus bei uns gehabt damals. Und deshalb lass ich sicherheitshalber jemand drauf schauen. Es war Sonntagabend, und ich komme an, und der diensthabende Chirurg sieht sich die Hand an und sagt: Wann haben Sie das letzte Mal was gegessen? Und sofort hatte ich die Kanüle im Arm und lag im Tiefschlaf. Und die OP wurde angesetzt, der fing an zu operieren und hat meine Hand gerettet. Denn es war innen alles schon voller Eiter. Und es waren schon die Muskeln zum Teil angegriffen. Und die Gefahr der Blutvergiftung bestand.“ –
– Einblendung:
Eine Sepsis („Blutvergiftung“) ist ein akuter Notfall
und die dritthäufigste Todesursache in Deutschland.
Der Zustand einer Person mit Blutvergiftung kann sich
sinnerhalb kurzer Zeit lebensgefährlich verschlimmern.
„Und so wurde ich dann entsprechend …, ja, mir wurde letztendlich das Leben gerettet. Was hätte ich gemacht, wäre das Krankenhaus nicht dagewesen? Sonntagabend mit so viel Angst. Kann ich morgen noch zum Hausarzt gehen, oder ich fahre nach Freiburg irgendwie? Das halte ich auch für wahrscheinlich, dass das möglich ist, dass ich so gehandelt hätte.“
– Einblendung:
Medizinische Versorgungszentren und Arztpraxen sind
nachts und am Wochenende geschlossen. Wohnortnahe
Krankenhäuser versorgen uns hingegen täglich rund um die Uhr.
„Das regionale Krankenhaus in Breisach hat mir das Leben gerettet, weil es wohnortnah ist, und weil sofort am Sonntagabend gehandelt und meine Hand gerettet wurde, und somit auch mein Leben.“
– Einblendung:
Qualität kann man nicht messen. Nähe, Vertrauen,
Aufgehobenheit lassen sich nicht in Zahlen darstellen.
Und doch sind sie wichtig für den Heilungsprozess.
„Ich erinnere einen Fall, den ich selber betreut habe als Diabetesberaterin in Breisach bei uns im Krankenhaus. Ein Patient mit Bauchspeicheldrüsenkrebs, er wurde in der Uniklinik in Freiburg operiert und kam dann zur Nachsorge, was immer wieder nötig ist, weil er einfach entgleist. Und das Insulin muss eingestellt werden, seine Enzyme müssen eingestellt werden, und das konnte dann in Breisach vor Ort gemacht werden. Er wurde von seiner Frau, von der Familie besucht, er wurde betreut, und er hat noch einige Jahre leben können.“
– Einblendung:
Seit 2020 wurden 66 wohnortnahe Krankenhäuser geschlossen.
Für rund 400.000 Menschen brachen gewachsene Strukturen
und vertrauensvolle Beziehungen im Krankheitsfall weg.
„Kleine, wohnortnahe Krankenhäuser sind ganz besonders wichtig für die Heilung, für das Wohlfühlen, für das Gesundwerden. 50 Prozent vom Heilungsprozess hängen davon ab, wie ich positiv eingestellt bin, wie ich versorgt werde, wie ich die Menschen kenne, wie die Abteilungen sind. Kurze Wege, man kennt sich untereinander. Ich fühle mich aufgehoben, ich fühle mich sicher, und da kann ich gesund werden.“
————
Viele Menschen haben sich schon die erste Folge der Videoreihe angesehen, und auch den Gesundheitsausschuss im Bundestag hat das Video durch Ihre Unterstützung vielfach erreicht.
Danke! Das ist wichtig, denn schon am 8. Mai will Lauterbach seine Krankenhausreform ins Kabinett einbringen, mit der hunderte wohnortnahe Krankenhäuser schließen sollen.
Damit wir möglichst viele Menschen über die Auswirkungen der Reform informieren können, helfen Sie bitte, auch die weiteren Videos zu verbreiten:
- Senden Sie die Videoclips an fünf Bekannte oder Familienangehörige. Klicken Sie dazu einfach unten auf „Weiterleiten“, um die Links mitsamt Erklärungstext zu verschicken.
- Fordern Sie auch diesmal Ihre Abgeordneten im Bundestag auf, sich endlich mit den dramatischen Folgen der Krankenhausreform auseinanderzusetzen. Eine E-Mail-Vorlage können Sie sich hier herunterladen. Setzen Sie auch die Grünen-Politikerin und stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Kirsten Kappert-Gonther, ins CC. Ihre E-Mail-Adresse: kirsten.kappert-gonther@bundestag.de Und informieren Sie uns gerne, wenn Sie die Abgeordneten anschreiben, indem sie unsere Adresse ins BCC aufnehmen: info@klinikrettung.de
Mit Dank für Ihre Mithilfe und kämpferischen Grüßen,
Laura Valentukeviciute und Jorinde Schulz
für das Gemeingut-Team
P.S: Wir befinden uns in der heißen Phase der Krankenhausreform und werden in der nächsten Zeit häufiger als sonst über dieses Thema informieren – denn jetzt entscheidet sich die Zukunft unserer Krankenhäuser. Indem wir aufklären und zu Aktionen aufrufen, möchten wir den Druck aufbauen für eine gemeinwohlorientierte, bedarfsgerechte Krankenhausversorgung in öffentlicher Hand. Sie erkennen unsere Infomailings zu dem Thema am Titel „Aktionsinfo Klinikrettung“.
Gemeingut in BürgerInnenhand
Weidenweg 37
10249 Berlin,
Germany